Gefahr aus der Sonnenmilch? – Forscher: Chemische UV-Filtersubstanzen sollen in Muttermilch gelangen.
Sonnenmilch schützt vor gefährlichen UV-Strahlen. Wer Hautkrebs verhindern will, schmiert sich daher vor dem Sonnenbaden gründlich ein. Den meisten Menschen ist jedoch nicht bewusst, dass die in den Lotionen enthaltenen chemischen UV-Filter auch hormonell wirksam sein können. Schweizer Forscher gehen von einer Gefahr für werdende Mütter aus, die Industrie widerspricht.
Die Schweizer Toxikologin Margret Schlumpf und ihr Kollege Walter Lichtensteiger erforschen seit Jahren die Auswirkungen synthetischer UV-Filter auf den Organismus. Sie sind mittlerweile emeritiert und betreiben das unabhängige Labor GREEN Tox in Zürich.
Die Forscher stellten fest, dass zwei Filtersubstanzen bei Ratten ab einer bestimmten Konzentration die Entwicklung der Geschlechtsorgane und des Gehirns stören. "Natürlich", so sagt Schlumpf, "reagieren Ratten nicht zwingend wie Menschen, aber es ist ein guter Indikator. Wenn bei einem niederen Säuger eine ganz bestimmte Wirkung erzielt wird, dann bleibt auch ein Effekt beim Menschen nicht aus."
Substanz in Muttermilch
"Was passiert, wenn die Substanzen in die menschliche Muttermilch gelangen", erläutert Margret Schlumpf ihre Studien. "Wir wollten herausfinden, welche Auswirkungen sie in der vorgeburtlichen Entwicklung haben.
Das ist die wichtigste Phase. Denn: Hormone haben eine Steuerwirkung. Sie beeinflussen den Phänotyp; sie beeinflussen die Entwicklung des Gehirns."
Dass die Substanzen über die Haut in die Muttermilch gelangen, konnten sie eindeutig feststellen. Sie kommen in Sonnencremes und -lotionen vor, aber auch in vielen anderen Kosmetika wie Haut- oder Gesichtscremes. "Das Üble ist", beklagt Schlumpf, "dass ein Großteil der Kosmetika solche UV-Filter als Zusatzstoff aufweist. Das wird dann als Anti-Aging bezeichnet, weil einen die Sonne nicht so verbrennt, dass es keine Falten gibt".
Der Industrieverband für Körperpflege- und Waschmittel e.V. (IKW), widerspricht diesen Studien, spricht von "angeblich hormonartiger Wirkung" und beruft sich auf die Stellungnahme des Bundesinstituts für Risikobewertung.
Denn, offiziell gibt es keine Warnung vor diesen Substanzen. Das Bundesamt für Risikobewertung weist darauf hin, dass nach derzeitigem wissenschaftlichen Erkenntnisstand keine Gefahr für den Verbraucher besteht. Der Verbraucher solle vielmehr auf ausreichenden Sonnenschutz achten.
Diese Diskrepanz ist verwirrend. Margret Schlumpf rät: "Man sollte sich als junge Frau Gedanken machen. Die Einwirkung ist vor der Geburt und kurz nach der Geburt am stärksten und am nachhaltigsten. Deswegen raten wir Frauen, solche Substanzen wegzulassen, wenn sie schwanger werden oder ein Kind zur Welt bringen wollen."